Der Schandfleck-Tourbericht
 
Der Schandfleck-Tourbericht
Freitag 26.5.2000, Hamburg – Mission
Wieder einmal keine Peilung von nichts. Keiner wußte Bescheid, anscheinend wollte aber jeder hin. Ein Auftritt in Hamburg läßt man sich ja nicht durch die Lappen gehen. Für Eule und Hübschke war dabei die Reeperbahn Motivationsgrund Nr. 1, wie sie nicht müde wurden ständig und lauthals zu betonen. Also trafen wir uns auf Örkel´s Hof und fuhren mit zwei Autos gen Hamburg. Dabei ist es in dieser Band gar nicht so einfach überhaupt Fahrer zu finden, da es mehrere Ausreden bei uns gibt.
"Mein Auto ist zu klein und für Autobahnfahrten nicht geeignet." (Hübschke, Marek und ich).
"Ich hab´ keinen Bock zu fahren und mir von Besoffenen ´ne Kante an den Hals labern zu lassen." (Alle).
"Ich will da schlafen". (Marek und Örkel).
Und zu guter Letzt die beste, weil schlüssigste Ausrede:
"ICH WILL SAUFEN !" (seltsamerweise jeder).
Nach hin und her entschlossen sich dann Marco und Marek (in Örkel´s Auto) zu fahren. Tja, eigentlich ist auf der Hinfahrt nicht viel passiert, außer das Eule und ich das exquisite Glück hatten in einem neuen Audi zu sitzen, der dafür aber ein Nichtraucher-Auto war. Bei unserer ersten Rast nach über zwei Stunden Fahrt (danke Marco), fielen wir schmachtend aus dem Auto, während aus Örkel´s Passat dann doch eine mehr oder wenige dichte Rauchwolke quoll.
Als wir ungefähr um sieben Uhr ankamen, suchten wir erst einmal einen Parkplatz, den wir dann auch letztendlich in einem der nobelsten Parkhäuser der Stadt fanden, daß natürlich auch dementsprechend kostete. (Es war jedenfalls deutlich über 20 Mark.) Also nahmen wir unser Equipment und liefen ca. 20 Minuten bis zur Mission. Die Mission selber trägt dabei nicht zu unrecht ihren Namen, stellt sie doch ein Obdachlosenheim dar, daß sich jedoch selber verwaltet und daher auch Einkünfte braucht. Daher veranstalten sie regelmäßig Konzerte, Lesungen usw. So gingen wir in diesen Laden, der total versifft in einer der teuersten Einkaufsstraßen von Hamburg liegt und spielten vor Normalos, Straight-Edgern, Nutten (sahen jedenfalls so aus), den gammeligsten Rockern, die ich jemals gesehen habe und Obdachlosen, die in ihren Betten lagen. Mit uns traten dabei noch 3 andere Bands auf die aus den Umkreis von Hamburg kamen. Wir waren dabei aber die einzige Punk-Band. Der Auftritt war so ganz okay, außer daß es Probleme mit Hübschke´s Verstärker gab. Das war aber nicht weiter schwerwiegend und so testeten wir auch einige neue Lieder an, wie "Fehler im System 2000", "Seenot", "Aus den Angeln heben" und "Der Wind hat sich gedreht". Als obligatorische Zugabe gab´s natürlich wieder einmal Euer aller Lieblingssong "Kleines Mädchen." Als wir dann nach draußen gingen unterhielten wir uns noch mit einer wirklichen Drogenabhängigen, die in diesem Lied verzweifelt versuchte einen "autobiographischen Kontext" (rabbarbar, rabbarbar....) zu erkennen. Aber selbst Hübschke wußte nicht, was er dazu sagen sollte.
Dann die Rocker. Das ist die absolut coolste Band die es gibt ! Sie heißen "Hazzle Dazzle" (allein dieser Name !) sind alle über 40, sahen jedenfalls so aus und spielten, daß die Fußnägel sich vorwärts und rückwärts rollten, ob dieser "leicht" schrägen Coverversionen von den Stones, Lynyrd Skynyrd usw. Meine absoluten Favoriten (das meine ich jetzt auch wirklich nicht ironisch !) hatten dabei auch sichtlich Spaß auf der Bühne. Als dann noch die Freundin des Bassisten diesem noch einen Heiratsantrag auf der Bühne machte, war alles vorbei. Ich denke diesen Abend werden wir alle nicht vergessen, hatten wir doch extrem viel Spaß mit den Leuten (coole Hamburger eben) und würden dort auf jeden Fall immer wieder spielen.
Samstag, 3.6.2000, Halle a. d. Saale – Steg
Bereits am Donnerstag lief eine Telefonkette, initiiert von Örkel und Eule, so daß jeder Bescheid wußte, daß der Auftritt am 2.6. in Berlin ausfiel, da die grünen Männchen den Laden am Mittwoch aufgrund Rauschgifthandels geschlossen hatten. Ich war nicht weiter ärgerlich darüber und Hübschke auch nicht, war doch Vatertag.
Freitag morgen, 10:00. Das Telefon klingelte und Marco rief mich an. "Marec sitzt im Knast auf der EXPO" –"Was macht der "- "Sitzt im Knast, wartet auf seinen Anwalt und kommt frühestens am Mittag frei." "Ach so (Erleichterung)." Marec saß also im Knast und Marco und ich haben den Transporter aus Bad Driburg abgeholt, den Terence von Pflasterrorsteine uns günstig besorgt hatte. Abends machte ich dann den großen Fehler zu viel zu trinken, so daß ich am nächsten Morgen einen entsprechenden Schädel hatte. Wir trafen uns am Samstag um 12:00 Uhr auf Örkel´s Hof. Irgendwie war jeder nicht so fit. Örkel und die Pflasterrorsteine waren noch in Berlin wo sie eine entsprechende Kneipentour gemacht hatten und sollten sich mit uns abends in Halle wieder treffen. So fuhren wir bei ca. 30 Grad und schönsten Sonnenschein in den Osten. Bis Magdeburg war alles überhaupt kein Problem, doch dann war die komplette Autobahn bis nach Halle gesperrt. Nun, Pech gehabt und wir mußten durch jedes beschissene Kaff gurken. Zwischendurch teilte uns Örkel per Handy mit, daß ihm und seiner Bekannten der Kühlungsschlauch am Golf auf einem Autobahnrastplatz geplatzt war und sie auf den ADAC warteten. Dementsprechend war auch unsere Laune und wir legten erst einmal eine 2-stündige Rast ca. 30 km vor Halle ein. Keiner hatte Bock, jeder wollte nur umdrehen und ab nach Hause. Als wir dann abends in Halle ankamen, kam gleich der nächste Schock. O-Ton Veranstalter: "Habt Ihr euer Schlagzeug dabei ?" Alle: "ÖRKEL !!!". Nach einigem Hin und Her hatte man jedoch ein Schlagzeug von der lokalen Band organisiert, die ebenfalls dort mit uns spielte. Eigentlich sollten auch 4 Bands im Steg spielen, doch die "Ostsibirischen Schnarchschnecken" verschwanden gleich schon wieder als sie nicht gleich ihre Gage bekamen. Es spielte also eine Band aus Naumburg (hab den Namen vergessen), Pflasterrorsteine und wir. Irgendwie hatte dann auch noch alles zeitlich mit dem ADAC gepaßt, so daß alle pünktlich da waren. Noch ein Wort zu der Band aus Naumburg. In letzter Zeit hatten wir anscheinend immer das Glück mit besonderen Leuten zu spielen. Diese Band hatte also auch kein Problem damit ihre paar Auftritte bei Wahlkampfveranstaltungen der SPD und auch der NPD abzuleisten. Schon ein bißchen seltsam, aber dafür waren sie schwer in Ordnung. Als dann endlich "Show-time" (protz !) war, fehlten nur die Zuschauer. Anscheinend ist es im Osten gängig, Gegenveranstaltungen zu machen wo nur lokale Bands spielen. Wir spielten also vor Freunden, Bekannten und einigen wenigen "normalen" Zuschauern. Pflasterrorsteine legten einen klasse Auftritt hin und spielten auch einige neue Lieder. Besonders Stefan schien voll aufzugehen...(nach einigen Paletten Karli kann man schon einmal den Soundcheck mit dem wirklichen Auftritt verwechseln, nicht wahr Stefan ?) Als wir dann endlich um ca. 1:00 auf der Bühne standen hatten wir erst absolut keinen Bock, doch wuchs dies von Lied zu Lied da auch die Leute dementsprechend mitgingen. Jedenfalls kam uns in einigen wirren Sekunden bei "Leben und sterben" der Gedanke, höchst peinliche Gitarren-Posen auszuprobieren. Wir ließen uns also dazu hinreißen absolut übelst schlechte "Status quo -Iron Maiden-Gitarren-in-die-Luft"-Posen zu mimen, was auch dementsprechend in die Buchse ging. Na ja, jedenfalls hatten wir auch hier viel Spaß gehabt. Als wir dann spät in der Nacht zurückführen, war dieser jedenfalls vorbei. So blieb also an Terence, Eule und mir der Job hängen die Bullis zurück zu fahren. Als dann um ca. 4:30 die Sonne aufging, bekamen wir einen regelrechten "Morgen-Flash" und Eule und ich begannen lauthals "Cotton-eye Joe" von den Rednex zu singen, was die anderen weniger lustig fanden. Irgendwann morgens sind wir dann um 9:00 ins Bett gekommen.
Freitag, 23.6.2000, Ratzeburg – Open air der 5 kleinen Jägermeister
Hübschke und ich hatten ein Problem. Es hieß "Silberhochzeit" und "Tequila-Party". Dementsprechend fühlten wir uns auch am Freitag vormittag. Jedoch hatte er das schwerere Los gezogen, konnte er nur noch mit einem Auge vernünftig gucken. Das andere war wahrscheinlich noch halb zugeeitert (bäh!). Ratzeburg liegt in der Nähe von Lübeck, d.h. wieder Autobahn. Nur war heute das Problem ein kleinerer Stau auf der A2 bei Wunstorf von ca. 12 km. Wir umfuhren das Gebiet also weiträumig und wenn ich weiträumig schreibe, dann meine ich das auch so. Erst einmal 2 Stunden durch die Pampa bei Nienburg rumeiern um überhaupt auf die A7 zu kommen. Auf der Raststätte Allertal passierte es dann. Tatort: Parkplatzauffahrt. Ein Mann steht breitbeinig zum Pinkeln zur Fahrbahn hingewandt mit dem absolut feistesten Grinsen was ich je gesehen hab. O-Ton (Ich): "Mein Gott, was hat der den für einen Schwanz !" Hübschke: "Das war kein Schwanz, das war ein richtiger PIMMEL !"
Rosa leuchtend in voller widerwärtigen Pracht streckte er uns hoffentlich unbewußt seinen Phallus entgegen. Ich konnte nicht mehr und die ganze Hinfahrt war unser aller Lieblingsthema über diesen PIMMEL zu reden. Selbst als wir uns dadurch in Hamburg (!) verfahren hatten, obwohl wir dort gar nicht hin brauchten. So kamen wir leicht verspätet in Ratzeburg an und trafen dort Mark, der am Timmendorfer Strand Urlaub machte und Örkel.
Wir gingen als Öffner auf die beste Bühne seit unserem "Lipperland-Halle"- Auftritt. Dieses Konzert war bestens organisiert und auch hier waren nicht so viele Leute da wie erwartet, trotz Zugpferd "T.V. Smith". Unser Auftritt soll recht gut gewesen sein, ich fand das nicht, hatte jedoch auch die meiste Zeit mit meiner Gitarre zu kämpfen, die seltsame Aussetzer hatte. Mitten im Auftritt wurde es dann auf einmal still. Stromausfall. Na ja, scheiße, ersteinmal eine rauchen. Nach ca. 2 Minuten ging es dann wieder und wir spielten weiter. An diesem Abend haben wir dann dank unseres unschlagbaren Verkäufers Kai Lampe auch gute Umsätze gemacht. Nach uns kam T.V. Smith auf die Bühne.
T.V. Smith ist ein sympathischer Mensch, der nur mit einer Gitarre "bewaffnet" eine dermaßen Stimmung erzeugt, bei dem sich manche Punkband noch eine Scheibe abschneiden kann. Ich verstehe deshalb nicht, warum er in Szenekreisen deshalb auch nicht die Anerkennung erfährt, die ihm zusteht. Jedenfalls habe ich in Ratzeburg kaum Iro´s gesehen. Nach der AC/DC-Coverband "Live Wire" sind wir dann auch gefahren, weil wir nicht ganz so spät nach Hause kommen wollten wie aus Halle.
Als Schlußfazit kann man sagen, daß das 3 Auftritte waren die viel Spaß gemacht haben, trotz einiger widriger Umstände. Aber das ist ja normal.
Als weitere Termine stehen im Moment 2 Auftritte in Berlin mit Pflasterrorsteine Ende September an. Wir schreiben im Moment an neuen Stücken, die wir auch live spielen und hoffen spätestens im Winter ins Studio gehen zu können, damit im Frühjahr eine neue Platte veröffentlicht werden kann.
Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder auf einem Konzert.
Im Namen der Band
 
 
   
 
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